Im Nordwesten Würzburgs liegt ein kleiner Stadtteil mit einem relativ großen Gewerbegebiet: die Dürrbachau. Viele Menschen fahren dort jeden Morgen zur Arbeit hin und jeden Abend wieder zurück. Die Dürrbachau liegt direkt an der B27, bietet recht viele Parkmöglichkeiten und hat hier und da auch eine Bushaltestelle. Aber wie kommt man dort mit dem Fahrrad hin?
Der schnellste Weg führt entlang der Veitshöchheimer Straße
Ich könnte natürlich gemütlich entlang dem Mainradweg und bei Zell über die Brücke in die Dürrbachau fahren. Vom Stadtzentrum dauert das etwa 25 Minuten. Aber ich bevorzuge logischerweise immer den schnellsten Weg. Der führt über die Veithshöchheimer Straße und dauert nur etwa 15 Minuten.
Da ich die Veitshöchheimer Straße schon woanders beschrieben habe, fange ich die Wegbeschreibung (aus der Stadt kommend) an der Kreuzung zur Brücke der Deutschen Einheit an. Aus Radfahrersicht ist es eine merkwürdige Kreuzung. Obwohl ich mit dem Rad meinen Weg an der gleichen Straße weiter geradeaus in Richtung Dürrbachau verfolgen möchte, muss ich an dieser T-Kreuzung (die Steinstraße ist mit Absprerrschranken gesperrt) gleich zwei Ampel überqueren um letztendlich auf der linken Straßenseite auf einem gemeinsamen Geh- und Radweg weiterfahren zu können.
Der Seitenwechsel ist notwendig, weil die Stadt den Weg auf der rechten Seite nicht für Radfahrer gestaltet hat: Nach etwa 300 Meter steht man vor einer Treppe. Aber selbst wenn der Seitenwechsel Sinn macht, fehlt für den Rad- und Fußverkehr einfach eine Überquerungsmöglichtkeit. Gäbe es eine zusätzliche Ampel auf Höhe der Tankstelle, müsste ich die Straße nur ein Mal überqueren.
Nachteilige Ampelschaltung in Richtung Dürrbachau
Die doppelte Ampel-Überquerung dauert zudem extrem lange: Die geteilte Rad- und Fußverkehrsampel (sowas kannte ich vorher übrigens noch nicht – das gibt es einfach nicht in den Niederlanden) haben eine viel kürzere Grünphase als die Kfz-Ampel in der gleichen Richtung. Der Autoverkehr auf der Brücke bekommt sogar so lange grün, dass eine zweite Autowelle von der anderen Brückenseite es noch locker über diese Ampel schafft. Der Rad- und Fußverkehr werden hier doppelt benachteiligt: er bekommt sowohl weniger Zeit die Straße zu überqueren, als auch längere Wartezeiten.
An der B27 wird es eng
Nach der Kreuzung fahre ich also linksseitig auf dem gemeinsamen Geh- und Radweg weiter. Nach der Bahnbrücke führt die Route an der B27 entlang in Richtung Dürrbachau.
Der gemeinsame Geh- und Radweg, der für beide Richtungen gilt, ist stellenweise so eng, dass man fast ein bisschen neidisch auf die vierpurige Schnellstraße von nebenan wird. Aber nur fast, denn ich stehe dort nie im Stau 😉
Doch auch als geübter Radfahrer muss ich, weil der Weg so schmal ist, jedes Mal gut aufpassen wenn mir jemanden entgegen kommt oder wenn ich jemanden überhole. Merkwürdig finde ich, dass dieser gemeinsame Geh- und Radweg an manchen Stellen schon breit genug ist. Warum wird das nicht einfach durchgezogen?
Radfahren in die Dürrbachau ist wie eine Zebrasafari
Jetzt kommen wir beim absurdesten Teil der Route an: Willkommen bei der Würzburger Zebrasafari! 🙂 Hier wird der Radverkehr nicht nur über 1 (wie im Berliner Ring), nicht nur über 2, nein, sondern über 3 (!!!) Zebrastreifen geführt!
Warum ist das so absurd? Nun ja: Zebrastreifen sind für Fußgänger, nicht für Radfahrer. Für den Radvekehr gibt es eigentlich eigene Überquerungsmöglichkeiten. Radverkehrsführung über Zebrastreifen ist nicht nur absurd, sondern auch total verwirrend für alle Verkehrteilenehmer*innen! Denn, obwohl der einzige erlaubte Weg über den Zebrastreifen führt und eine Vorfahrt suggeriert, habe ich als Radfahrer eigentlich gar keine Vorfahrt (außer ich steige ab für eine Metamorphose zum Fußgänger). Bloß wissen das viele Menschen (sowohl auf dem Rad als im Auto) nicht.
Eine solche kontra-intuitive Gestaltung, kombiniert mit unterschiedlichen Wissensständen bei den verschiedenen Verkehrsteilnehmer*innen, führt manchmal zu verwirrenden und/oder gefährlichen Situationen. Von einer Radverkehrsführung über Zebrastreifen wird auch von Experten deutlich abgeraten. Im neuen Würzburger Radverkehrskonzept steht deshalb folgendes ziemlich deutlich in den Leitlinien:
Fußgängerüberwege sind ausschließlich für Fußgänger/innen gedacht (…). Radfahrer/innen können aufgrund ihrer Geschwindigkeit vom Kfz-Verkehr nicht als Querungswillige wahrgenommen werden. In Knotenpunkten an wartepflichtigen Zufahrten können neben Fußgängerüberwegen Radfahrfurten angelegt werden.
Dass eine Zebrasafari manchmal recht wild sein kann, erfährt man bei den beiden Zebrastreifen auf dem B27-Viadukt. Manche Autofahrer*innen ballern mit 100 Km/h von der B27 hoch, weil es noch keine Geschwindigkeitsbegrenzung oder Ortsschild gibt. Einmal beim Zebrastreifen angekommen, ist die Chance einen Radfahrer nicht rechtzeitig wahrzunehmen recht groß (weil: unerwartet – es gibt ja nur den Zebrastreifen…). Für mich als Radfahrer ist es schwierig einzuschätzen, ob ein Auto doch noch anhält und freiwillig Vorfahrt gewährt. Natürlich müssen hier auch Radfahrende vorsichtig fahren, aber die Situation könnte mit einer Geschwindigkeitsbegrenzung für den Kfz-Verkehr und einem extra Warnschild schon sehr entschärft werden. Eine komplette Umgestaltung wäre natürlich angemessener.
Auf dem Rückweg ist die Zebrasafari noch viel krasser
Nach dem zweiten Zebrastreifen fahre ich über den nächsten gemeinsamen Geh- und Radweg mitten durch eine Bushaltestelle (geht nicht anders) zum dritten Zebrastreifen.
Hier biege ich rechts ab in die Unterdürrbacher Straße. Hier gibt es viel zu enge Schutzstreifen – das Fahrradsymbol passt nicht mal rein – aber ich habe mein Ziel erreicht: die Dürrbachau.
Wir sind aber noch nicht ganz fertig. Der letzte Zebrastreifen ist auf dem Rückweg nämlich echt megaverwirrend!
In der Unterdürrbacher Straße findet die Radvekehrsführung also auf der Fahrbahn statt. Wenn ich zur T-Kreuzung fahre und links (Richtung Stadtzentrum) abbiegen möchte, ist der benutzungspflichtige gemeinsame Geh- und Radweg aber auf der linken Seite. Der einzige Weg dorthin führt (natürlich!) über den Zebrastreifen. Ich muss also von der Fahrbahn aus die Hälfte des Zebrastreifens überqueren um auf den Radweg zu kommen. Versuche das mal einem Autofahrer zu erklären, der gerade in die Unterdürrbacher Straße hineinfahren möchte!
Solche Gestaltungsfehler entstehen leider nur, weil der Rad- und Fußverkehr in Würzburg unterbewertet wird. Es wird Zeit daran was zu ändern, damit Radfahrer*innen nicht mehr ständig auf Zebrasafari müssen!
Viele Grüße aus dem Dschungel! 😉
Kreative Radweggestaltung. 😉
Da hilft wohl nur, sich mal den Fahrradbeauftragten der Stadt an die Hand zu nehmen und mit ihm mal die Tour abzufahren, Änderungswünsche zu äußern und beantragen, dass die Radwegebenutzungspflicht aufgehoben wird.
Es gab mal Pläne für die Kreuzung am POCO mitsamt dem Überflieger. Diese standen drei Tage auf den Seiten der Stadt. Das war kurz nachdem es dort einen tödlichen Unfall gab und parallel dazu der DM geplant wurde. Anscheinend hatte die / der Falsche sie ins Netz gestellt so daß sie nie wieder das Licht der Öffentlichkeit erblicken durften. Ansonsten nennt man die Route auch Flüchtlingsfolterstrecke, weil die in der GU beheimateten und mit kostenlosen Rädern ausgestatteten Migranten auf dem Weg in die Stadt sich da noch mal richtig fürchten müssen. Davor fürchten müssen, überfahren zu werden. 5000 km quer durch Eurasien heil überstanden, aber auf den letzten 5 km zur Schule, Arbeit oder zu Freunden Angst haben müssen von Lkws zerdrückt zu werden.
Vorsicht! Über Zebrastreifen darf man zwar radeln, bevorrechtigt (d.h. die Autos müssen anhalten) ist aber nur, wer absteigt und schiebt:
https://www.adfc-bw.de/bodenseekreis/presse/presse/article/schieben-oder-fahren/
Die Strecke ist auch deshalb “ empfehlenswert „, weil Du als Radler aus NRW oder sonstwo anders her kommend viel über die fränkische Sprache erfährst. All die blumigen Schimpfwörter
wiederzugeben sprengt diesen Rahmen. Nur soviel: Die besten schallen aus den MSP- Autos,
dicht gefolgt von WÜ mit einem Buchstaben hintendran.