Nun ist es offiziell: am Donnerstag, den 17.11.2016, hat der Würzburger Stadtrat das Radverkehrskonzept einstimmig beschlossen! In diesem Blogpost erkläre ich euch aus meiner Sicht, worum es hier geht und warum das so ein wichtiger Schritt vorwärts ist.

Was ist das Radverkehrskonzept?

Das Radverkehrskonzept enthält eine grobe Planung eines gesamtstädtischen und geschlossenen Radverkehrsnetzes und Richtlinien für die Planung und Umsetzung einer besseren Würzburger Radinfrastruktur. Auf Basis dieses Dokumentes trifft die Stadtverwaltung in den nächsten Jahren ihre Entscheidungen über die anzugehende Radverkehrsplanung.

Das Radverkehrskonzept wurde in den letzten 4 Jahren (!) vom Aachener Verkehrsbüro Baier (BSV) erarbeitet. Das Konzept ist ein Ergebnis eines ausführlichen Austausches zwischen dem BSV, der Stadt (FA Stadtplanung und FA Tiefbau) und dem Radverkehrsbeirat. Mehrmals hatten Bürgerinnen und Bürger in öffentlichen Workshops die Möglichkeit sich mit einzubringen (was sind wichtige Routen? Wo fährt es sich unsicher?). Aber was steht da nun drin?

Was steht im Radverkehrskonzept?

Sehr viel. Das Konzept ist eine Sammlung von Dokumenten, die ich hier nicht komplett durchgehe – das könnt ihr hier selber machen. Ich beschränke mich hier auf ein paar (meines Erachtens) wichtigen Punkte.

Neben einer Analyse der Unfallschwerpunkte in Würzburg (Berliner Ring lässt grüßen!) ist einer der interessantesten Punkte für mich das geplante “geschlossene Radverkehrsnetz”. Im Konzept sind verschiedene Hauptradachsen aufgelistet (Seite 8 der Kurzfassung, die in den nächsten Jahren angegangen werden sollten.

Ganz hinten im Konzept (Seite 87 des vollständigen Konzeptes) findet ihr auch eine “Dringlichkeitsliste”. Diese gibt schon mal eine erste Priorisierung vor:

Folgende Radverkehrsverbindungen mit einem hohen Radpotenzial werden als vordringlich erachtet (vgl. auch Bild 7) (Staffelung nach Potenzialgröße, größtes Potenzial als erstes genannt):

  • Verbindung Innenstadt – Zellerau, d. h. Radachse 2 (Zellerau – Innenstadt),
  • Verbindung Heuchelhof – Rottenbauer, d. h. Teilbereich der Radachse 9 (Heidingsfeld – Heuchelhof – Rottenbauer – Fuchsstadt),
  • Verbindung Zellerau – Dürrbachau, d. h. Teilbereiche der Radachse 2 (Zellerau – Innenstadt) bzw. der Radachse 3 (Zellerau – Röntgenring – Nürnberger Straße – Rottendorf),
  • Verbindung Heidingsfeld – Heuchelhof, d. h. Teilbereich der Radachse 9 (Heidingsfeld – Heuchelhof – Rottenbauer – Fuchsstadt) bzw. der Radachse 9a (Heidingsfeld – Rottenbauer),
  • Verbindung Innenstadt – Sanderau, d. h. Teilbereich der Radachse 1 (Sanderau – Hubland – Gerbrunn) und Teilbereich der Radachse 8 (Altstadt),
  • Verbindung Lengfeld – Grombühl, d. h. Teilbereiche der Radachse 3 (Zellerau – Röntgenring – Nürnberger Straße – Rottendorf), Teilbereiche Radachse 11 (Grombühl – Innenstadt), Teilbereiche der Radachse 12 (Estenfeld – Lengfeld – Anschluss Radachse 3),
  • Verbindung Innenstadt – Heidingsfeld, d. h. Teilbereich der Radachse 8 (Altstadt), Teilbereich der Radachse 9 (Heidingsfeld – Heuchelhof – Rottenbauer – Fuchsstadt) bzw. der Radachse 9a (Heidingsfeld – Rottenbauer).

Was die Art der vorgesehenen Radwegeplanung angeht, gibt es eine deutliche Tendenz in Richtung Schutzstreifen auf der Fahrbahn:

“Eine fahrbahnnahe Führung des Radverkehrs auf Schutzstreifen wird bevorzugt. Gemeinsame Geh- und Radwege sollen nur bei schwachen Fußgänger- und Radverkehrsstärken realisiert werden, wenn eine getrennte Führung ausgeschlossen werden muss.”

Für mich klingt das nach einem guten Kompromiss. Ein erster Schritt in die richtige Richtung. Direkt überall Platz machen für breite, baulich getrennte Radwege (sowie es in den Niederlanden oft der Fall ist) ist anscheinend utopisch. Dafür sind Schutzstreifen eine schnelle, realistische und kostengünstige Möglichkeit, die Würzburg dringend braucht, um bei der Sichtbarkeit und Sicherheit des Radverkehrs schnell voran zu kommen. Auch gut finde ich die Betonung, dass die (extrem nervigen) gemeinsamen Geh- und Radwege Ausnahmen sein sollten.

Sonstige wichtige Punkte im Radverkehrskonzept sind die Freigabe von Einbahnstraßen für den Radverkehr, die Notwendigkeit von Fahrradparkplätzen in der Innenstadt und am Hauptbahnhof, genauso wie eine positive Öffentlichkeitsarbeit bezüglich des Radfahrens in Würzburg.

Warum gibt es das Radverkehrskonzept eigentlich?

Logischerweise gilt es das Radverkehrskonzept gesamtstädtisch zu betrachten und zu fördern. Ein bisschen mehr Kontext schadet aber nicht! Das Konzept kam zustande, weil die Stadt sich selber auferlegt hat, Mitglied der AGFK (ArbeitsGruppe Fahrradfreundlicher Kommunen) Bayern zu werden. Ein gesamtstädtisches Radverkehrskonzept ist eine Voraussetzung für die Mitgliedschaft. Sehr interessant im Zuge dieser AGFK-Mitgliedschaft sind auch die andere Punkte, die sich die Stadt selber auferlegt hat:

Die Stadt Würzburg unternimmt alle notwendigen Anstrengungen, um den Radverkehrsanteil von derzeit 11% auf 16 % des Gesamtverkehrsaufkommens zu steigern. Diese Steigerung von 5 % soll in den nächsten 5 Jahren erreicht werden. Als derzeitiges Radverkehrsaufkommen dienen die vorliegenden Zahlen des Planungsbüros WVI zur Straßenbahnplanung.

Warum ist das Radverkehrskonzept so wichtig für Würzburg?

Mit dem Radverkehrskonzept wurde meiner Meinung nach ein wichtiger Meilenstein in der Würzburger Verkehrspolitik geschaffen. Das Dokument bietet eine deutliche Vision und auch Richtlinien für die Gestaltung der lokalen Radinfrastruktur. Jetzt können wir aufhören zu labern über die Notwendigkeit einer besseren Radinfrastruktur und mit der Umsetzung anfangen! 😉

Natürlich ist dieses Dokument nicht in Stein gemeißelt und es bietet “nur” eine grobe Planung. Die Detailplanungen der einzelnen Routen wurden und werden weiterhin im Radverkehrsbeirat (öffentlich zugänglich!) diskutiert und im Stadtrat beschlossen. Nichtsdestotrotz ist das Dokument etwas Handfestes für alle Würzburger*innen (nicht nur für Rad Fahrende, Politik und Verwaltung), auf das sie in Diskussionen und Debatten immer wieder zurückverweisen und mit der aktuellen Planung vergleichen können. Ein nicht zu unterschätzendes demokratisches Instrument!

Beitragsbild: Matias Schwabenländer

4 Gedanken auf \"Würzburg hat ein Radverkehrskonzept!\"

  1. Viele Städte haben so ein Konzept … und haben es … und haben es … nur ernst umgesetzt wird es nirgends …

    Schutzstreifen haben sich als Fakeförderung bewährt, mit der man der Öffentlichkeit suggerieren kann, es würde was passieren, nur für die, die eh schon fahren bringen sie nur Nachteile und für alle anderen sind sie so unattraktiv, dass sie dort auch nicht fahren wollen.

    1. Hallo Norbert,

      Klar sind auch hier viele Menschen skeptisch über die Umsetzung. Ich werde sie selber auch kritisch verfolgen. Trotzdem ist das Konzept ein erstes Zeichen, dass das Thema Radverkehr sich in Würzburg überhaupt endlich mal ein bisschen etablieren kann. Natürlich muss man für bessere Lösungen als Schutzstreifen weiterkämpfen, natürlich ist das Konzept ein Kompromiss, aber irgendwo muss man ja anfangen. Ich sehe das hier als Anfang, nicht als Ende.

  2. zum Thema Radstreifen siehe hier:https://dasfahrradblog.blogspot.de/2014/04/wohin-mit-den-radstreifen.html#more
    Gibt es eigentlich was Neues vom Konzept, oder ist der Radbeauftragte der Stadt tot? Der letzte Eintrag auf der Seite der Stadt ist von 2016.
    Übrigens ist der blog aus Stuttgart sehr lesenswert, und da ich zwischen 2011 und 2016 Teil der radfahrenden Gemeinde Stuttgarts war, kann ich sagen, das öffentlicher Druck eine Menge bringt….

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