Neulich bin ich am Europastern entlang gefahren. Das war ein Erlebnis! Der Europastern ist sowieso schon ein riesiger und beeindruckender Verkehrsknoten, aber mit dem Rad dort zu fahren ist sehr… na ja, lasst es mich postiv formulieren… vielfältig 🙂 . So vielfältig, dass ich es mir erlaubt habe, diesen Beitrag in zwei Teile aufzuteilen. In diesem ersten Beitrag geht es um die Hinfahrt von der Schweinfurter Straße zur Nürnberger Straße. Teil 2 enthält den weiteren Verlauf in Richtung Versbach und den Weg zurück zur Schweinfurter Straße.

Fehlstart am Zebrastreifen: Gehsteig oder Fahrbahn?

Und lost geht’s! Vom Berliner Ring kommend fahre ich durch die Schweinfurter Straße. Der „Radweg“ ist hier ein improvisierter und oft viel zu enger Streifen auf dem Gehweg.

Radstreifen Schweinfurter Straße | Radfahrerzone.de
Der schmale improvisierte Gehsteig-Radstreifen an der Schweinfurter Straße

Der Radstreifen geht für einen kurzen Moment auf die Fahrbahn. Nach der Ampel muss ich aber schon wieder zurück auf den Gehsteig wechseln. Dort gibt es einen gemeinsamen Geh- und Radweg.

Gemeinsamer Geh- und Radweg Schweinfurter Straße | Radfahrerzone.de
Und noch ein Belagwechsel! Hurra!

Und dann gibt es eine sehr eigenartige Stelle, an der etwas nicht so ganz stimmt. Aber was da genau nicht stimmt, sieht man erst an der Ampel 200 Meter weiter. Dort wird deutlich, dass ich an diesem Zebrastreifen eigentlich hätte wählen müssen: Gehsteig oder Fahrbahn.

Zebrasteifen an der Schweinfurter Straße | Radfahrerzone.de
Hier stimmt was nicht…

Die Fahrbahn-Route: Legal, viel Platz, aber mit rasenden Autofahrern

Am Zebrastreifen fahre ich auf die Fahrbahn, weil der gemeinsame Geh- und Radweg hier aufhört und der Gehsteig auf der gegenüberliegenden Seite des Zebrastreifens nicht freigegeben ist. Nach etwa 200 Metern gibt es eine Ampel. Hmm… komischerweise kreuzt hier ein Radweg. Das sehe ich am extra Fahrrad-Symbol an der Fußgängerampel. Sollte ich denn da…? Neeehhhh… oder?

Ampel am Europastern - Ecke Schweinfurter und Nürnberger Straße | Radfahrerzone
Wenn ich hier korrekt auf die Fahrbahn fahre, wie kann das denn eine Fahrradampel sein?

Ich fahre einfach mal weiter um die Kurve in die Nürnberger Straße hinein. Hier gibt es vier Spuren für den Autoverkehr: drei in meine Richtung und eine in die Gegenrichtung. Kurz nach der Kurve sehe ich in der Ferne an der gegenüberliegenden Straßenseite ein Schild für einen benutzungspflichtigen Zweirichtungsradweg. Häh? Wie komme ich denn dahin?

Inzwischen ist mir auch aufgefallen, dass hier die meisten Autofahrer relativ zügig fahren. Und ich muß jetzt über vier Spuren zu diesem Radweg fahren? Das ist ja supergefährlich! Zusätzlich darf ich es nicht mal, weil es zwischen der dritten und vierten Autospur eine durchgezogene Linie gibt. Also hier stimmt etwas nicht…

Europastern - Nürnberger Straße | Radfahrerzone.de
Würzburg ist sehr klar (und leider!) eine autogerechte Stadt…

Um meinen Weg weiter um den Europastern fortzusetzen, fahre ich weiter. Vor der „Real“-Einfahrt muss ich links abbiegen. Dafür muss ich also zwei Fahrspuren überqueren. Wenn es ruhig ist, ist das unproblematisch. Aber wie vorher gesagt fahren die Autos hier schnell, vermutlich weil es hier so viel Platz für sie gibt. Hier würde ich mir eine sichtbare Radverkehrsführung wünschen.

Aber wie hätte die Route ausgesehen, wenn ich am Zebrastreifen weiter auf dem Gehsteig gefahren wäre?

Die Gehsteig-Route: viele Stops und ein plötzliches Ende des Radweges

Wenn ich beim Zebrastreifen (regelwidrig) auf den Gehsteig fahre, muss ich nach 200 Metern die Straße an der Ampel überqueren, weil der Gehsteig auf der rechten Seite nicht mehr freigegeben ist. Die Ampel hat ein Fahrradsymbol, aber auf der anderen Seite ist der Gehsteig wieder nicht freigegeben. Trotzdem gibt es dort einen eingezeichneten Radweg.

Fußgängerampel am Europastern - Ecke Schweinfurter und Nürnberger Straße | Radfahrerzone
Die Kreuzung aus der anderen Perspektive

Nach der Ampel biege ich rechts ab und folge dem „Radweg“, aber fünf Meter weiter gibt es noch eine Ampel, an der ich ziemlich lange warten muss. Drei mal raten: Der Gehsteig auf der gegenüberliegenden Seite ist wieder nicht freigegeben…

Überquerung Fahrradampel Nürnberger Straße | Radfahrerzone.de
Da ist gar kein Radweg auf der anderen Seite. Das ist ein nicht freigegebener Gehsteig. Der Fußgänger hat völlig Recht 🙂

Ein wenig weiter gibt es noch eine Überquerung. Erst danach kommt der vorher unnerreichbare Zweirichtungsradweg.

Zweirichtungsradweg Nürnberger Straße | Radfahrerzone.de
Der Zweirichtungsradweg fängt erst beim Schild an. Was ist das hier vorne denn eigentlich?

Für einen Zweirichtungsradweg ist er etwas eng, aber das ist nicht mal das größte Problem. Etwa 10 Meter vor der Überfahrt zum nächsten Teil des Europasterns hört der Zweirichtungsradweg plötzlich auf. Einfach so, mit einem Unterschild „Ende“.

Ende des Zweirichtungsradweges an der Nürnberger Straße | Radfahrerzone.de
Ein sehr abruptes Ende des Radweges…

Nach diesem Schild fahre ich also zum vierten Mal regelwidrig auf dem Gehsteig. Zudem gibt es hier keine Möglichkeit für Radfahrer um auf der gegenüberliegenen Straßenseite weiter in die Nürnberger Straße zu fahren. Es gibt aber Gründe genug dahin fahren zu wollen: es gibt dort ein paar Klubs zum Ausgehen und einige Firmen, in denen bestimmt auch Radpendler arbeiten.

Die von der Stadt erwünschte Route vs die Realität

Letztendlich gibt es hier also zwei mögliche Routen, die beide nicht ganz stimmig sind. Auf dieser Karte habe ich versucht den Unterschied zwischen beide Routen darzustellen. Die Fahrbahn-Route ist grün und die Gehsteig-Route rot.

Die Fahrbahn-Route ist an sich ok, aber bräuchte wegen den schnell fahrenden Autos eine deutliche Radverkehrsführung. Zudem sind die eingezeichneten Radwege, zu denen man nicht hinkommt, sehr verwirrend.

Die Gehsteig-Route ist deutlich der von der Stadt bevorzugte Weg. Er ist aber zum Teil regelwidrig, hat mehreren Ampeln, ein plötzliches und falsches Ende eines zu schmalen Zweirichtungsradwegs und keine Lösung für Radfahrende, die weiter in die Nürnberger Straße fahren möchten.

Eine mögliche Lösung für den Radverkehr am Europastern auf der Nürnberger Straße

Persönlich finde ich den (regelwidrigen) Umweg über die zwei Ampeln und den Zweirichtungsradweg echt zu nervig. Es gibt so unglaublich viel Platz in der Nürnberger Straße, den man für eine gute – normale und richtige – Radverkehrsführung nutzen könnte.

So könnte man zum Beispiel in der Nürnberger Straße mit Radfahrstreifen arbeiten. Als Beispiel zeige ich hier eine Situation auf einem ähnlich breiten Weg in meiner Heimatstadt Den Bosch.

Schutzstreifen und Radstreifen in Den Bosch | Radfahrerzone.de
Wäre das vielleicht eine Lösung für die Nürnberger Straße?

Was vor allem interessant ist an diesem Bild, ist, dass der Linksabbiegestreifen schon lange vor der Kreuzung anfängt. Radfahrer und Autofahrer haben so genug Platz und Zeit das Linksabbiegen in aller Ruhe vorzubereiten. Zudem sind Radfahrer mit solch einer Radverkehrsführung viel sichtbarer und freier in alle Richtungen zu fahren.

Es geht weiter…

Das war ja nur Teil 1 – nicht mal die Hälfte des Europasterns… Im Teil 2 versuche ich meine „Tour d’Europastern“ zu vollenden. Welche Hindernisse und Überasschungen es dabei gibt, erzähle ich euch beim nächsten Mal!

7 Gedanken auf \"Ratlos mit dem Rad am Europastern – Teil 1\"

  1. Sehr schön, danke für die genaue Analyse. Diese Ecke von Würzburg ist als Radfahrer einfach nur gefährlich und frustrierend. Wenn man hier andere Radfahrer beobachtet sieht man, dass niemand weiß, w in man hier vernünftig von A nach B kommt…

    Die Weiterfahrt in Richtung Nürnberger Straße wird ja auch nicht besser (Kein Platz auf der Straße und man muss dauernd Schlaglöchern ausweichen und hoffen, dabei nicht „mitgenommen“ zu werden.).

  2. Vielen Dank dafür.
    Dieser kleine Abschnitt Schweinfurter/Nürnberger ist eigentlich schon der Hit. Ich weiß aber, dass es a) nicht besser weitergeht und b) auch dieser Abschnitt z.B. in der Gegenrichtung noch einmal eine richtig harte Nuss ist: eigentlich darf man den Zweirichtungsradweg in der Gegenrichtung gar nicht benutzen, wenn man nicht Anlieger ist. Wirklich jetzt. Da steht ein entsprechendes Verbotszeichen (Zeichen 250) mit Zusatzzeichen „Anlieger frei“.
    Ich spiele wirklich fast jeden Morgen mit dem Gedanken, aus der Nürnberger Str. kommend einfach mal mich an die Regeln zu halten, nach rechts Richtung Nordtangente und Unikliniken abzubiegen, dann die Rampe hoch auf die B19 und dann in der Schweinfurter wieder auf den Radweg zu fahren.
    In dieser nicht legal befahrbaren Gegenrichtung hat der Zwei-Richtungsradweg aber dafür in dem Abschnitt, den Bas oben als „nicht freigegebenen Gehweg“ identifiziert ein Radweg-Schild und Fußgänger haben in diese Richtung dort dann gar nichts verloren. Die werden scheinbar unter die Erde gezwungen und sollen doch bitteschön die Unterführungen benutzen. Noch so eine Lachnummer. Lustigerweise bietet dieser Abschnitt der Nürnberger einmal so richtig viel Platz, um jedem Verkehrsteilnehmer genügend Fläche anzubieten; enge Bebauung gibt’s hier ausnahmsweise nicht. Und was haben wir stattdessen? Drei (!) Spuren stadtauswärts und eine mit Fahrverbot belegte Spur in die Gegenrichtung. Fehlt nur noch ein PKW-Parkstreifen…
    Einfach nur noch grauslig. Man weiß eigentlich garnicht, wo man anfangen soll aufzuzählen, was da alles fehlt, um auch nur halbwegs gültig zu sein.
    Nochmals Danke für das Aufgreifen des Themas.

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